Antworten gibt es an der didacta DIGITAL Swiss, unserem neuen Treffpunkt für Digitalisierung in der Bildung. Vom 28. bis 30. November geht es in der Messe Basel erstmals um neue Konzepte und digitale Lehrmittel, um Coding, Robotics und Infrastruktur. Ein Interview mit der Leiterin der didacta DIGITAL Swiss, Encarnación Maria Dellai.
Früher gab es in der Schule den «Computerraum», den wir alle zwei Wochen besuchen durften. Welche Rolle spielt die Digitalisierung in der Bildung heutzutage?
Sie revolutioniert den Unterricht in allen Bildungsstufen. Sie ist unsere Zukunft. Die Umstellung auf digitale Medien bedeutet für Lehrerinnen und Lehrer einen Rollenwechsel. Die Lehrperson bringt nicht mehr einfach Wissen bei, sondern entdeckt gemeinsam mit den Schülern neue Möglichkeiten. Dieses gemeinsame Eintauchen erfordert Offenheit, Mut und natürlich auch digitale Kompetenz.
Die meisten Schweizer Schulen müssen ihre ICT-Infrastruktur aufrüsten und Investitionen tätigen, um den neuen Lehrplänen gerecht zu werden. Eine sinnvolle digitale Bildung kann nur erfolgen, wenn eine entsprechende leistungsfähige ICT-Infrastruktur an den Schulen vorhanden ist. Zudem braucht es auch medienpädagogische Konzepte und Lehrkräfte, die die Technik sicher und sinnvoll in den Unterricht einbinden können.
Es gibt aber auch Vorzeigeschulen, die sich mit der digitalen Transformation auseinandersetzen, diese vorantreiben und digitalen Unterricht leben. Anhand von Best Practice Beispielen erzählen Schulleiter und Lehrpersonen an der didacta DIGITAL Swiss, wie sie ihre Schule für die Digitalisierung fit machen und wie Tablets und Laptops zur Grundausstattung gehören. Computerräume und Computer? Das ist Schnee von gestern.
Wenn wir in die Zukunft blicken, reden wir von Smart Learning Environments, intelligenten Lernumgebungen. Hierbei verschmilzt das Klassenzimmer mit digitalen Lernangeboten. Mit Technologien wie Virtual Reality, Internet of Things oder Wandprojektionen wird der Raum zum Lernpartner. So können Schüler im Geschichtsunterricht beispielsweise selbst die Grabkammer der ägyptischen Königin Nefertari erkunden, nur mit einer VR-Brille auf dem Kopf. Lernen wird zudem individualisiert und personalisiert. Hierbei müssen didaktische, pädagogische und technologische Entscheidungen aufeinander abgestimmt werden.
Das klingt nach grossen Herausforderungen für die Institutionen und das Lehrpersonal. Wie kann die didacta DIGITAL Swiss hierbei helfen?
Wir möchten den Schulleitern, Lehrpersonen und Dozenten die Möglichkeiten der digitalen Medien näherbringen, sie ermutigen, sich an der Diskussion zu beteiligen und sich mit dringlichen Fragen auseinanderzusetzen. Wie können sie mit digitalen Mitteln den Bildungsprozess stärken? Wie können sie den digitalen Wandel so mitgestalten, dass sie ihre pädagogischen Ziele bestmöglich erreichen? Wie können Eltern und Grosseltern die Kinder in der digitalen Welt begleiten?
Die didacta DIGITAL Swiss ist ein Ort der Begegnung und des Austauschs zwischen Schulleitern, Lehrkräften, Ausstellern und Experten. Sie vereint einen Ausstellungsbereich mit einer Veranstaltungsplattform für neue pädagogische Konzepte, Lösungen und Diskussionen. Im Ausstellungsbereich präsentieren nationale und internationale Aussteller ihre Lösungen und zeigen die neusten Entwicklungen. Ergänzend erläutern Speaker und Gäste neue Konzepte und Chancen des Lernens und Lehrens mit digitalen Medien. Thematisch fokussieren wir uns auf die Bereiche digitale Grundbildung, pädagogische Einsatzszenarien, digitale Lehrmittel und Apps, leistungsfähige Infrastruktur, Making Robotics und Coding.
Im Kern wollen wir den Dialog zwischen Pädagogik und digitaler Technik fördern und Barrieren, auch emotionale, sprengen.
Wie geht das, ein neues Veranstaltungsformat ins Leben zu rufen?
Für die Lancierung eines neuen Events braucht es viel Recherchearbeit, ein fantastisches Konzept, ein gutes Netzwerk, ein enthusiastisches Team und viel Mut!
Was uns etwas gefehlt hat, war genug Vorbereitungszeit. Deshalb mussten alle Prozesse praktisch zeitgleich bewältigt werden. Zum Glück sind wir von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Teams tatkräftig unterstützt worden. Eine geballte Ladung an Erfahrung und Knowhow haben mitgeholfen, dieses Projekt in wenigen Monaten auf die Beine zu stellen.
Natürlich braucht es Aussteller aus der Bildungswirtschaft und Experten als Referenten, die uns vertrauen, uns unterstützen und in der Lage sind, sich mit uns auf dieses Experiment einzulassen und diesen wichtigen Weg mit uns zu gehen.
Ich danke dem Team und allen Beteiligten ganz herzlich für ihr Vertrauen und ihr Engagement!
Wenn du drei Highlights herausgreifen müsstest: Auf was freust du dich besonders?
Die didacta DIGITAL Swiss ist eine qualitativ hochstehende Veranstaltung mit sehr guten Ausstellern und hochkarätigen Keynotes. Entsprechend gibt es viele Highlights, die nennenswert wären. Wenn ich nur drei erwähnen darf:
Podiumsdiskussion «Digitaler Wandel in der Schule»
Cristina Riesen (Gründerin We Are Play Lab Foundation), Rahel Tschopp (Zentrumsleiterin Medienbildung und Informatik PH Zürich) und Dr. Beat A. Schwendimann (Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle LCH) diskutieren vorbildliche und herausragende Praxisbeispiele von Schulen, welche die Digitalisierung im Unterricht integriert haben.
Keynote «Produktives Scheitern und Lernen im 21. Jahrhundert»
Dr. Manu Kapur ist Professor für Lernwissenschaften an der ETH Zürich und lehrt, welche Chancen im Scheitern liegen. Kapur, der für seine Forschung weltweit anerkannt ist, ist überzeugt: Lehrpersonen sollen ihren Schülerinnen und Schülern keine Lösungswege vordiktieren, sondern mit schwierigen und auf den ersten Blick unlösbaren Aufgaben zeigen, dass man Scheitern in Produktivität verwandeln und die Lerneffekte in andere Bereiche des Lebens übertragen kann.
Kids erklären Grosseltern Tablet & Co.
Im Generationenprojekt CompiSternli helfen Kinder älteren Personen bei ihren ersten Schritten mit dem iPad. Primarlehrer Dominic Walser aus Bretzwil und seine Schüler freuen sich, täglich von 9 bis 11 Uhr Senioren auf ihrem Weg in die digitale Welt zu begleiten.
An der didacta DIGITAL Swiss geht es auch um Themen wie Virtual Reality, Coding, Robotics. Was ist davon bereits Realität?
Es gibt schweizweit zahlreiche spannende Projekte, von denen sich einige vorstellen werden. In der Schule Knonau im Bezirk Affoltern, ZH, sammeln die Schüler beim Projekt Robot Your Classroom Erfahrungen mit den Themen Programmieren und Robotik. Sie lernen beispielsweise die Funktionsweise von Programmier-Mustern kennen und können diese selbst in Übungen anwenden. An der Schule wurde eine komplette Unterrichtsreihe über alle Klassen des Zyklus 1 + 2 hinweg erarbeitet, welche verschiedenartige Lern- und Arbeitsformen beinhaltet, teilweise auch mit programmierbaren Robotern. Der Aufbau der vermittelten Kompetenzen erfolgt dabei schrittweise über alle Schulstufen hinweg. «Robot Your Classroom» wurde prämiert und auch international als inspirierendes Beispiel gefeiert.
In Basel lernen Kinder und Jugendliche spielerisch programmieren. Schüler der Primarschule und Sek 1 lieben die Ozbots, etwa drei Zentimeter kleine Roboterkugeln, mit denen sie Erfahrungen mit Automatisierung und Programmierung sammeln. Die Ozbots können gezeichneten Filzstiftlinien folgen und auf Farbcodes reagieren, aber auch mit einer eigenen Programmierumgebung gesteuert werden. Gute Erfahrungen hat man in Basel auch mit der niedrigschwelligen Programmiersprache Scratch gemacht. Sie ermöglicht es, kleine Spiele und Programme zu entwickeln. Sowohl zu Ozbots als auch Scratch haben wir Workshops am Event.
Auch Virtual Reality birgt für Schulen grosses Potenzial. Sie stellt abstrakte Themen verständlich dar und macht Wissen erfahrbar. Schüler können die Ozeane erkunden, eine Reise durch den eigenen Körper machen oder ins All fliegen, nur mit einer VR-Brille auf dem Kopf. Die Chancen dieser Technologie für Schulen thematisieren wir ebenfalls.